Was passiert, wenn ich im Notfall nicht mehr in der Lage bin, selbständig Entscheidungen zu treffen und meine Angelegenheiten zu regeln?
Diese Frage ist wichtig und beschäftigt viele Menschen. Die meisten denken, dass der Ehepartner oder die Kinder dann automatisch für sie entscheiden können. Das ist jedoch ein Irrtum, denn nahe Angehörige sind keine gesetzlichen Vertreter und sind nicht automatisch bevollmächtigt. Existiert keine Vorsorgevollmacht, so wird im Notfall beim Betreuungsgericht ein gesetzlicher Betreuer bestellt. Durch die Verfassung einer Vorsorgevollmacht wird dies vermieden, es sei denn, die Vollmacht ist nur für bestimmte Aufgabenbereiche definiert.
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen sie eine oder mehrere geschäftsfähige Personen ihres Vertrauens, die im Bedarfsfall bereit sind für sie zu handeln. Dieser Fall kann beispielsweise eintreten, wenn sie durch einen Unfall oder schwere gesundheitliche Einschränkungen ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbständig regeln können.
In der Regel werden mit der Vorsorgevollmacht verschiedene Lebensbereiche, wie beispielsweise
• Vermögens- und Behördenangelegenheiten
• Persönliche Angelegenheiten
• die Gesundheitssorge,
• die Aufenthaltsbestimmung
geregelt.
Eine Vorsorgevollmacht muss in schriftlicher Form erstellt werden. Hierzu können Mustervordrucke (z.B. Muster des Bundesministeriums der Justiz, Ratgeber Betreuungsrecht oder aus dem „Vorsorge Handbuch“ der Verbraucherzentrale) genutzt werden. Die Vorsorgevollmacht wird wirksam, sobald Vollmachtgeber und Bevollmächtigte diese ausgestellt, datiert und unterschrieben haben. Eine Beglaubigung oder Beurkundung ist grundsätzlich für die Wirksamkeit der Vollmacht nicht erforderlich. Eine öffentliche Beglaubigung kann beispielsweise an offizieller Stelle, wie Gemeinde- und Stadtverwaltungen sowie der Betreuungsbehörde erfolgen. Diese kostet in der Regel 10 Euro und bestätigt die Echtheit der geleisteten Unterschriften mittels eines Amtssiegels. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der notariellen Beurkundung der Vorsorgevollmacht. Insbesondere bei vermögensrechtlichen Entscheidungen ist jedoch eine notarielle Beurkundung notwendig. Des Weiteren ist eine notarielle Beurkundung erforderlich, um Darlehens- und Kreditverträgen abzuschließen sowie für Rechtsgeschäfte vor dem Handelsregister.
Generell ist wichtig zu wissen, dass die bevollmächtigten Personen nicht vom Gericht beaufsichtigt werden und diesem somit keinerlei Rechenschaft ablegen müssen. Die Vorsorgevollmacht basiert auf Vertrauen und gibt den Bevollmächtigten weitreichende Befugnisse. Daher sollte immer gut überlegt werden, welche Personen bevollmächtigt werden, um einen Missbrauch der Vollmacht zu vermeiden.
In bestimmten Fällen bedarf die Einwilligung des Bevollmächtigten jedoch der Genehmigung des Betreuungsgerichts, z.B.
• bei ärztlichen Zwangsmaßnahmen
• bei freiheitsbeschränkenden oder -entziehende Maßnahmen (z.B. Bettgitter)
• schwerwiegende medizinische Eingriffe bzw. den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen
• die Einwilligung zur Organspende
Bei Bankkonten ergibt sich auch die Besonderheit, dass Kreditinstitute oft eine Vollmacht auf bankeigenen Vordrucken einfordern.
Im Rahmen der Vorsorgevollmacht ist es möglich, eine oder mehrere Personen zu bevollmächtigen oder für verschiedene Aufgabenbereiche unterschiedliche bevollmächtigte Personen einzusetzen. Hierzu gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Werden mehrere Personen bevollmächtigt, so ist wichtig zu klären, ob jeder Bevollmächtigte allein handeln darf oder ob dies nur gemeinschaftlich möglich ist. Bei einer gemeinschaftlichen Entscheidung kann es sein, dass aufgrund unterschiedlicher Ansichten der Bevollmächtigten eine einheitliche Entscheidung verzögert wird oder die Interessen des Vollmachtgebers nicht gewahrt werden. Gleichzeitig bietet ein gemeinschaftliches Handeln einen gewissen Schutz vor Machtmissbrauch. Für den Fall, dass unterschiedliche Bevollmächtigte für verschieden Aufgabenbereiche eingesetzt werden, ist es sinnvoll, gesonderte Vorsorgevollmachten auszustellen. Zudem gibt es die Möglichkeit, eine Ersatzbevollmächtige einzutragen, falls die bevollmächtigte Person verhindert ist.
Damit die Vorsorgevollmacht gegenüber Dritten angewendet werden kann, muss diese im Original vorgelegt werden. Für die Vollmachtgeber empfiehlt sich das Tragen eines Hinweiskärtchens (z.B. im Portemonnaie) mit dem Verweis auf die Vorsorgevollmacht. Die Vorsorgevollmacht ist im Original vom Vollmachtgeber an einem sicheren Ort zu Hause aufzubewahren und der Vollmachtnehmer sollte über den Aufbewahrungsort informiert sein.
Die Vorsorgevollmacht kann jederzeit widerrufen oder abgeändert bzw. der aktuellen Lebenssituation angepasst werden und erlischt mit dem Tod des Vollmachtgebers, sofern es in der Vollmacht nicht ausdrücklich anders geregelt wurde.
Um Schwierigkeiten nach dem Tod zu umgehen, ist es empfehlenswert, dass die Vollmacht auch über den Tod hinaus besteht. Dadurch wird der Umgang mit Fragen rund um die Bestattung und die Abwicklung des Nachlasses vereinfacht.